Ich mit
Kopfhörern in den Ohren, lang ausgestreckt: Aaalso, früher, da bin ich von
Bühnen gesprungen, Stagediven, kopfüber, manchmal fällt man weich, manchmal
wird man ignoriert. Blaue Flecke, Beulen, volles Programm und weiter ging es!
Im Alter erst tut es dann richtig weh, da hängt man nur noch ab, beult und
formt Sofalandschaften wie Bäcker Teig.
Couch:
Ächz, ächz!
Ich: Okay,
ich müsste ja nicht hier liegen, sondern könnte rampensauig Instrumente
bedienen und das Parkettvolk zum Springen animieren, aber das Erlernen ist mir
zu anstreng...
Kissenrand:
Rutsch mal rüber mit dem Köpfchen, bin noch ganz unbefleckt!
Ich {(der gerade einen kopfkissigen Gedankenaustausch mit
unbekannten Leuten betreibt, die mich/in mir lesen (können)}: Pssst! Also, wo
waren wir stehen geblieben, ach ja, hiermit werfe ich jedoch ein, dass ich
zumindest hin und wieder doch darüber nachdenke, den mir, von Tadlern meines
Lebenswandels, angetragenen Winks zu folgen, welche nahe legen, statt der
langweiligen Rumhängerei zum Beispiel das Mundharmonikaspiel zu erlernen, da
dies fürwahr eine Tätigkeit ist, die ebenso im Liegen und mit über die Stirn
gezogener Hutkrempe machbar sein sollte und bei der man genussvoll und
ungestraft die Augen schließen darf. Derart vorbelastet und geläutert, wäre der
Weg zum Lautenspieler auf großen Bühnen geebnet, da wo versiegelte Lider beim
zu Gehör bringen von feinsten Weisen als synonym für große Kunst gelten. Genug
aber nun der Weltweitnachrichten aus dem Äther, genug überhaupt vom
Weltweitnachrichtenundkulturkanal, der sich anschicken wollte, mir afrikanische
Musikklänge in meine Kopfstube zu schmuggeln: Adieu, ihr gekabelten Ohrenboxen!
Kopfhörer:
Aua, Grobian!
Ich mit
Psalmstimme: Und so werde ich möglicherweise auch nicht durch fachspezifische
Runduminformationen erfahren, ob sich äthiopische Musiker mit solch klangvollen
Namensanomalien wie Ejigayehu Shibabaw und Tilahun Gesesse früher als
Ätherexporteure verdingt haben, Äther- ein Produkt, das wegen seiner
narkotisierenden Wirkung in rastlosen Kreisen sehr geschätzt wird. Äthiopische
Ätherexporteure? Äh…langsam werde ich unglaubwürdig, oder!? (Das hier nicht
erschienene Interrobang:Fragerufzeichen sei wegen der verhängten Ausgangssperre
entschuldigt. Nicht triftig genug, Ersatz gefunden!)
Glas Cola:
Ich werde warm, trink mich!
Ich (immer
noch in interner Plapperlaune): Argumentum ad coffeinum!
Schlürf.
Ich
nebenher weiter: Nun, wenn man schon über Äthiopien schwatzt, dann über die
schlanken, drahtigen Beine der Olympionikinnen, die die Tartanbahnen und
Pflasterstraßen der Welt als ihr zuhause bezeichnen. Unbedingt bekannter als
die musizierenden Ejigayehu Shibabaw und Tilahun Gesesse ist die Laufikone
Haile Gebrselassie. Dankbar bin ich aber allen Dreien und vielen ungenannt sein
wollenden Bürgern dieses Landes für das Tragen buchstabenintensiver Namen, die
ein Höchstmaß an Konzentration abverlangen, will man sie denn richtig
schreiben. Loben muss ich darüber hinaus deutsche Musikkapellen für ihre Namen.
In erster Linie die Band SELIG, die sich Verdienste in der
Rechtschreibförderung von Bildungsunbürgern erworben hat.
Mehrere
unbekannte Leute: Naja, nönö, so gut sind die nicht!
Ich auf
jeden Fall beschwichtigend: Egal, fällt mir gerade so ein, denn eine Frau
verabschiedete mich mal für immer mit der (natürlich elektronisch)
geschriebenen Nachricht: „Werde doch seelisch ohne mich!“ Auch wenn ich mich
nicht mehr genau erinnern kann, glaube ich, dass ihr Musikgeschmack um GUANO
APES angesiedelt war. Dieser Crossoverformation soll aber kein Vorwurf gemacht
werden, was das und die Schreibschwächen einiger Deutscher anbelangt. Falls
jetzt Äthiopier diese Zeilen lesen: Nein, wir brauchen in Deutschland weder
Schreibblöcke noch Bunt- und Bleistifte! Bevor ich weiter herumschulmeistere,
betreten wir lieber noch mal das Terrain von Sport und Musik. Ein mir
weitläufig entfernter, und über die Stadtgrenze hinaus durch zahlreich
erfolgreich bestrittene Kurzstreckenläufe bekannter, Verwandter stellte die
These auf, dass sich seinesgleichen über Langeweile nicht beklagen kann,
während das bei Langstreckenläufern schon ganz anders aussieht.
Die mir
eigene (und von euch Unbekannten nun sicherlich erwartete) Einschränkung
schließt die Kurzatmigen unter ihnen allerdings aus. Sportmedien halten es für
möglich, dass über kurz oder lang Mundharmonikamarathonläufer ins
Olympiastarterfeld aufgenommen werden. „Man muss nur den
Überheblichkeitskritikern erklären, wie schwer der ennui wiegt, den diese
Athleten wie einen Rucksack mit sich herumschleppen.“, ergreift auch der
Verwandte immer Partei für seine füßelnden Leidensgenossen.
Zwei, drei
aus der Menge der Unbekannten in chorus: Seltsame Ansichten des Verwandten. Die
Langstreckler können doch unterwegs essen, trinken, winken. Von wegen
Langeweile, pfff!
Ich (Ruhe,
nun lasst mich doch mal!): Ich posaune in dem Zusammenhang allerdings keine
Vermutung aus, wenn ich anzweifle, dass Toleranzkritiker dies schweigend
hinnehmen und nicht auf die zahlreiche Schar der Tubaspieler hinweisen, die
(genauso wie Kontrabassisten übrigens) genauso ein Anrecht auf ein Bett im
olympischen Dorf hätten. Spinnen wir den Faden weiter, landen wir zwangsweise
bei Langstreckenstaffelläufen mit Instrumenten, nach deren siegreichen
Zieleinläufen sich Tubabläser selbst tuschen oder Streicher verkünden, dass ihr
Himmel voller Geigen hängt. Bitte beginnt nicht zu murren, und die erste
Bassgeige in Moll zu spielen, ob meines Ausfluges in unwahrscheinliche
Zukünfte, denn ‚murren’ ist ein schwaches Verb, welches auf duden.de den monatelangen
Substantivbestseller die ‚Schneekanone’ (genauso feminin durch Zusammensetzung
wie ‚Stalinorgel’, auf der sich keine schönen Harmonien von BACH spielen
lassen) ablöste. ‚Murren’ heißt seine Unzufriedenheit und Auflehnung mit
brummender Stimme und unfreundlichen Worten zum Ausdruck bringen, so zumindest
expliziert es die verbürgte Definition.
Alle
Unbekannten gemeinsam: Amen!
Ich mit
Nana- Blick!: Eine mir zu Füßen liegende Sexualtherapeutin (was hiermit die
krönende Steigerungsform von nahe stehend
implizieren soll) vertritt die These, dass ‚zwischen Murren und gewalttätigem
Konflikt häufig nur ein Augenaufschlag liegt, besonders wenn die süße
Versöhnung von vornherein das Ziel der Unternehmung ist’. ‚Unabhängig vom
Geschlecht haben sich manche schon zu richtigen Murrprofis entwickelt.’, fügte
sie mal züngelnd hinzu. Bevor wir hier Gerüchte schüren, muss ich doch
anmerken, dass es ihr nie gelingen wird, meine Murrimmunität aufzusprengen.
„Pfleg ma weida dei Phlegma.“, sächselt sie mir zwischen Ironie und Betrübnis
immer hinterher, wenn ich nach fruchtlosen Treffen die Tür geräuschlos sanft
schließe.
Glas Cola:
Wie wärs? Mit uns?
Glas: Ging
aber schnell.
Ich- nehme
den Faden wieder auf: Den Funken Wahrheit, den sie schlägt, erkenne ich
durchaus selbstkritisch an meiner Nichtbereitschaft dem anmoderierten
Stagediven in irgendeiner Form noch einmal Platz in meinem Leben einzuräumen.
Auch wenn ich letztens mal kurz beim Frankenberger Marktkonzert der
Mittelsächsischen Philharmonie darüber nachdachte, wie man dies in
Seniorenkreisen salonfähig machen könnte. Bevor ich mich leibhaftig als
Vorhüpfer bewährte, ließ ich mich damals dann doch lieber und bequemerweise von
Wortfetzen quälen. „Stagediven mit Bühnendiven auf den vermaledeiten Malediven“
wäre eine gute Überschrift für eine Geschichte.
Vielleicht
sogar für diese. Wenn dem so ist, wisst ihr es ja schon, denn nur die Wenigsten
lesen Bücher und Geschichten ab Mitte nach vorwärts oder ab Mitte nach
rückwärts, wo man dann bekanntlich am Beginn wieder rauskommt. Als exklusives
Sahnehäubchen biete ich euch jetzt eine Austauschlyrik an:
Was der Schaffner nicht weiß
Wenn durch Graubünden ein Schwarzfahrer reist,
ist es ein frecher Cowboy, meist.
Was der Cowboy nicht weiß
Auf einem Bahnhof in den Bündner Alpen,
wartet eine Rothaut, ihn zu skalpen.
Sämtliche
Unbekannte im Abgang mit Abwinken (und unglaubwürdig): „Gib mir mehr von dem
Indianer in der Schweiz, das ist so urkomisch, unglaublich!“
Ich sie
zurück bittend: Gern würde ich euch auch was über Häuptling Kunstblume vom
Stamme der apathischen Apachen berichten, und was dieser so den lieben langen
Tag in seinem Wigwam, ohne Smartphone zumal, treibt, He!, wohin wollt ihr
denn...bleibt doch noch…
Originaltitel:
<Stagediven mit Bühnendiven auf den vermaledeiten Malediven>
geschrieben
August bis Oktober 2015/Passagen abgeändert April 2020
Textträger:
Chaoscollagen: „Famose Texte für gute Bürger“ (Bückware#7)
Heft noch
käuflich erwerbbar für 3,50 plus Porto für 100 Seiten
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