Montag, 28. Dezember 2020

Der Sachwalter und seine Tätigen

Nun zu Händen zu lesen war das Buch „Das dritte Buch über Achim“ von Uwe Johnson, dem Uwe Johnson, dem zu Ehren eine Gesellschaft existiert mit seinem Namen.
Schriftsteller, denen zu Ehren eine Gesellschaft zur Schaffenspflege Interpretation Forschung gegründet wird, sind important (Bertolt Brecht, Fjodor Dostojewski, Gisela Elsner, dieser Uwe, um nur vier zu nennen).
Johnson skizziert im 1961 erschienenen Roman den Radsportler Achim aus der DDR, über den der westdeutsche Karsch ein Buch schreiben will und sich dafür ihm mit Hilfe verschiedener Figuren nähert. Die dritte wichtige Person ist Karin, die früher mit Karsch liiert war und es zum Zeitpunkt des Geschehens mit Achim ist.
Da ich nichts von der Handlung preisgeben und verspoilern will, nun mein eigenes Empfinden beim Lesen.
Johnson bedient sich einer eigenen Sprache, die mir in den letzten gelesenen Büchern häufiger begegnete, die hier aber in der Zeitfolge des Erscheinens und der Zeitfolge meines Buchleseverhaltens einen Höhepunkt findet.
Vor etlichen Monaten las ich „Versuchte Nähe“ von Hans Joachim Schädlich, der in diesem Roman mit der üblichen Anordnung von Subjekt Prädikat Objekt nichts am Hut hatte, der in diesem Roman Personen und deren Handlungen pronomisierte (würde ich spontan so bezeichnen)- also die Sprache vereinfachte, was das Lesen erschwerte.

Mit der Vereinfachung geht einher die Simplifizierung von Berufen Positionen Gesellschaftsrängen.
Beispiele: Maschinenbau/er/studenten sind Erbauer von Zahnrädern und ganz wichtig(!): Werktätige sind Tätige. 
Wichtig, weil die Sprache des Systems der DDR und der eigenen innenpolitischen Propaganda durch die Einkürzung (gefühlt) herabgewürdigt wird. 
Maschinen allein als Dinge ohne nähere Bezeichnung existieren wohlweislich und werden oft diffus benannt, genauso wie Banner Fähnchen Transparente Redner Lautsprechertöne Worte.
Damit nicht genug: Switchen zwischen aktiven und passiven Verben betreffend meist eine Person bei einer Tätigkeit zur selben Zeit, im selben Satz, unterbrochen durch Komma oder Kommata, oder ohne Kommas, manchmal sogar ohne Komma am Satzende, wo es sowieso nicht hingehört und schlimmstenfalls endet mitten im Satz, mitten in der Zeile, mittig also, sowieso ohne Komma, wie erwähnt, ohne Satzzeichen eine ganze Geschichte. 
Extravagant?, oder soll sich der Leser an die Druckerei, den Lektor, den Verlag wenden, es sei doch etwas schief gegangen mit der Ausgabe, ist es bei anderen Büchern auch so, oder Mängelexemplar: fehlt bei mir was, eine Seite etwa?
Zwischen Schädlichs und Johnsons und vielleicht auch (Adolf) Endlers Texten, und auch einiger Anderer auch, liegen etliche Jahre, mehr als zehn an der Zahl. 
Man könnte meinen, dass diese „Anderen“ Johnsons Stil übernommen haben, um die Oberen Kontrollbehörden Schriftstellerverband in der DDR zu provozieren (immerhin, wie auch Johnson, verschwanden einige gen Westen), aber man könnte auch meinen, Johnson hätte den Stil von Joyce in „Ulysses“, Kapitel 17- Ithaka, nachgeahmt kopiert imitiert, denn die Überschriften der Absätze und nicht nummerierten Kapitel sind Fragestellungen, die mal mehr oder minder in den jeweils nachgestellten Kapiteln beantwortet werden.
Vereinfacht laut Ithakaanalysten: Psychoanalytisches Verfahren nach Freud als Stilmittel.
Der wesentliche Unterschied dabei ist, dass sich Joyce in kunterbunter wortgewaltiger Sprache manchmal fast sogar verirrt, während sich Johnson nicht verirren mag, es allerdings schafft, den Leser zu verwirren, wenn er von einer Person spricht, die die eine oder die andere sein kann und den einen, der das liest, zurückblättern überprüfen kontrollieren lässt, ob irgendein Hinweis Spur Fährte zu finden ist wer wer ist und oder wer was was wer gesagt getan hat. 
Mit etwas Glück löst sich einiges später auf beim Weiterlesen.
Abschließend sei noch erwähnenswert meine Bekanntschaft mit dem Sachwalter: anfangs hielt ich den auch für einen Sachwalter, später erkannte ich, dass dieser mit seiner Gefolgschaft auf Verfolgung aus Seiender kein Geringerer als Walter Ulbricht war/ist.
Dieser jener der Meister schlechthin, wenn es um eine subjektive Erkennung der Monotonie des Schaffens und das artikulierte Aufzeigen desselben geht.
Yeah, Yeah, Yeah!



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