Begonnen
hatte das Desaster schon um 2012, als ich eine Ecke meiner Wohnung grau strich
und darauf unzählige miteinander verklebte DIN A4 Blätter befestigte, auf denen
ich meine Erkenntnisse zur Struktur der Roten Armee und der Wehrmacht
(Dienstgradbäume, ach was sag ich: Wälder) in großen Lettern notierte und
zeichnete.
Dazu kamen
Sichtungen und Forschungen in und aus über 40 Stunden Videomaterial rund um den
zweiten Weltkrieg, der Besuch von Wehrmachtsforen im Internet, Blicke in
Zeitungsartikel damaligen Ursprungs, Intensivbeschäftigung mit der Geschichte
des KZ Dora, der Vergeltungswaffe und das Wälzen Berliner und Chemnitzer
Stadtpläne aus dem handelnden Jahr.
Ganz am
Anfang (um 2011) dachte ich mir: Mensch, was wäre, wenn jede Privatperson die
heutige Kommunikationstechnik im Hosentaschenformat schon in den Vierzigern des
letzten Jahrhunderts gehabt hätte, das gäbe doch angesichts der Mitteilungswut
jedes Einzelnen ein heilloses Chaos.
Herbert
ist hier: Kursker Bogen. Friedrich und 755678 gefällt das.
Waldemar
postet: Hatte heute drei Abschüsse. 1,2 Mio Retweets.
Heinrich
schreibt: Landgewinn 200 Meter. 266903 Mal geteilt.
Was machst
du gerade, Landser Ludwig?
Spendenaufrufe,
Gruppen, Marketplace, Videos auf Watch...ein weites Feld.
Letzten
Endes gingen mir aber damals Facebook und Co. scheinbar noch nicht genug auf
die Nerven, ich entwarf ein völlig neues Szenario und ließ meine Protagonisten
Namen tragen, die man hauptsächlich im Z-Promi-Bereich des deutschen Fernsehens
wieder findet.
Neulich
ein Leser zu mir: „He, der Pütz, ich dachte noch das wäre Zufall, aber der
Wendler...“
Meine
Antwort konnte nur sein: „Scheiße, waren die auch dabei?“
Inzwischen
weiß ich nicht mal mehr, wie sich die ganze Geschichte abspielt, was ich
geschrieben habe.
Genauso
unvergessen: als ich das Heftcover auf Facebook als Promo postete, hatte ich
ruckzuck mindestens zwei Fans aus dem damaligen Lager des „Rechten Plenums
Chemnitz“, die wohl der Meinung waren, dass ich ein Propagandastrolch und einer
der ihren sei.
Ihre
realen Namen hätte ich gern in die Geschichte eingebaut, dort wäre genug Platz
für Verrückte gewesen, die Verrücktes tun.
Anbei: das
Vorwort.
VORWORT
Bei der
Auswahl meiner nächsten veröffentlichungswürdigen Novelle stand für mich die
Überlegung im Vordergrund welcher Einblick in welche meiner tagtäglichen
Arbeitswelten meinen Lesern besser munden würde.
Vorweg:
Hauptberuflich bin ich Baustoff- und Organhändler. Nebenberuflich verdiene ich
mir als Aushilfe in einem, naja nennen wir es, Lustlichtspielhaus paar Groschen
dazu.
Es stand
also für mich zur Debatte über Betonmischungen (zu trocken), Skalpelle (zu
scharf) und ein transplantierfähiges gebrochenes Herz (zu traurig) zu
schreiben, oder mich über Erotik (zu heiß) in allen Facetten, mit allem
Brimborium, das man sich vorstellen kann, auszulassen.
Ich
überlegte lange, sehr lange (strich die „zu’s“ oder fügte sie wieder hinzu) und
die Entscheidung fiel an einem Montagmorgen, als ich aus dem 3-D- Pornokino im
Kopfbahnhof Floßmühle bei Borstendorf trat, wo ich als Teilzeitreinigungskraft
angestellt bin.
Geholfen
hat mir dabei (Trara!) der Zufall.
Die Nacht
war nicht viel los gewesen (sonst hätte ich in jener Früh noch eine Stunde an
der großen Papiertücherpresse ranhängen müssen) und so sah ich mich im
Filmspeicher um und entdeckte einen Film, den man oberflächlich als
Uniformfetischkram abgetan hätte. Dass sich jener aber als verkappter Spielfilm
mit Horror-, Sciencefiction-, Roadmovie- und Kriegsdramamomenten entpuppte,
erstaunte mich dermaßen, dass ich nun getrost den Entschluss fassen konnte,
diesen Film in einer Novelle zu erzählen.
An jenem
besagten Tag, als meine Wahl endlich getroffen war, trat ich erleichtert ins
Freie, ohne mich am grauen Anzug zu stören, den der Morgenhimmel trug, und ich
winkte sogar dem Zug nach Chemnitz hinterher, der um die Biegung davon
trödelte.
Als
Angestellter eines Unternehmens mit gutem Ruf, das sich auf die Fahnen
geschrieben hat immer auf die FSK hinzuweisen, appelliere ich an den Leser und
seine Eigenverantwortlichkeit und möchte sie bitten sich vorab zwei
Sicherheitsabfragen zu stellen, bevor sie ihre Widerstandsfähigkeit, die dieses
Buch ausloten wird, auf die Probe stellen.
Und,
nebenbei bemerkt, damit mich höchstselbst hinterher keine Klage wegen des
Verbreitens von unzüchtigen Schriften ereilt.
Sicherheitsabfragen:
Sind sie gegen die textliche Darstellung von obszönen
Gelagen gefeit?
Ertragen sie ausformulierte schmutzige Worte und
Taten?
Wenn sie
dies bejahen können, dann dürfen sie getrost den Griff zum Etui ihrer
Lesebrille riskieren und bestenfalls werden sie auch noch für ihren Mut
belohnt.
Gemeinsam
und tapfer tauchen wir jetzt in den Trailer zum vorliegenden Buch ein, dessen
Inhalt, anders als üblich allerdings, Behauptungen stützt, dass die
Hilflosigkeit einer ganzen Nation nur mit äußeren Einflüssen bekämpft werden
kann.
Folgende
Wagnisse, aber auch vermiedene Grenzübertritte, möchte ich hiermit prologisch
anreißen:
Es wäre
mehr als gewagt den deutschen Männern, die aus bekannt unterschiedlichen
Gründen zwischen 1939 und 1945 außerhalb des Landes verweilten, zu
unterstellen, dass sie sich auch nach dem Krieg nicht nach Hause trauten, weil
der Frauenüberschuss durch eine mysteriöse Seuche eine zusätzliche und
individuelle sexuelle Kapitulation heraufbeschworen hätte.
Es ist
weniger gewagt den Pornofilmbischof („Beim Ejakulat des Prälaten“) mit dem
Kloster- Abt (unter anderem auch als „Hitler“, „Tribun“, „Führerchen“
tituliert) zu vergleichen, weil beide, von ihren Untertanen unterstützt,
gleichartig handeln: wichsen und regieren.
Überhaupt
nicht gewagt dagegen ist der Einblick in ein Konzentrationslager, weil die
einst schändlichen Vorgänge inzwischen allgemein bekannt sein dürften, wären da
nicht…zwei verwegene Wissenschaftler, deren Werk den Krieg in die Knie zwingen
sollte und die im Lager den Kreißsaal für eine Seuche errichteten.
Nebenher
und vorab wäre noch ein Rotarmist mit einer speziellen Lebensgeschichte zu
erwähnen: mit ihm wandelt der Leser durch anarchische Zustände bis hin ins
Reichszentrum.
Dazu
bietet diese Geschichte auch Rast in zwei ausgewählten Metropolen, die durch
merkwürdige Gestalten verkörpert werden.
Da wäre
Chemnitz: wo die Hautevolee der Stadt beguckt wird, welche sich vor und nach
dem Bombendrama treu blieb und immer am Puls der Zeit Geschäftsideen
entwickelte, selbst dann noch als die Infektion schon wütete.
Da wäre
Berlin: die Stadt, wo Jahrzehnte später eine Million Jugendliche mit bunten und
bizarren Frisuren halbnackt zu lauter Musik durch die Strassen tanzten, aber zu
dem Zeitpunkt, in dem der Film und die Geschichte spielt, Artillerie dröhnte,
sich Gefangenenzüge aus der Stadt schleppten, darunter Blinde mit verbundenen
Augen und Männer, die wegen weggeschossener Ohren notdürftige Kopfbandagen
trugen. Der Ort auch, wo sich im Bunker die militante Elite des sterbenden
Reiches in mörderischen Orgien wiederfindet.
Bevor die
Geschichte losgeht, möchte ich nur noch darauf hinweisen, dass sie, lieber
Leser, unbedingt Distanz zu den Einzelpersonen und dem Geschehen halten
sollten!
Der Autor
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