Der unbekannte Interpret ist ein fester Bestandteil auf meinem Handy.
Unter Interpreten, eben.
Dort wo ich die Musik reinmache, von den Interpreten.
Also die Musik tue ich in einen Ordner und wenn man dann zu den
Interpreten in der rechten Menüleiste wechselt, sieht man die
Interpreten der Stücke, die ich auf meiner Speicherkarte im Handy
drin gespeichert habe.
Ja, die Speicherkarte.
Die habe ich nach langem Zögern für 1,50 € bei ebay ersteigert
und der Verkäufer kam aus Luxemburg.
Wahrscheinlich verkauft er jedes Jahr 350 Millionen Speicherkarten
mit einer Kapazität von 2 Gigabyte und wohnt dort, um Steuern zu
sparen. Meine hat er in ein Stück Papier eingewickelt und das Papier
dann in einen Brief gesteckt und so kam die Speicherkarte dann zu
mir.
Aber es waren nur 1,2 Gigabyte auf der Karte frei…sah ich, als ich
meinen Phone Explorer bemühte. Die Ursache dessen: auf der
Speicherkarte waren noch 140 Fotos und sechs Alben von Peter Maffay
und Udo Jürgens. Musikalisch grenzwertig und ich habe keine Oma auf
dem Sterbebett, der ich eine Freude machen könnte.
Die Fotos erzählten von Hunden, Katzen, gedeckten Mittagstischen,
Schneeflocken und Pappschnee.
Und ganz viel Radrennen.
Vermutlich Tour de Luxemburg: ein Rundrennen über 234 Meter.
Ich fand die Frau des Verkäufers nicht in aufreizenden Posen,
wahrscheinlich hätte er mir die draufgemacht, wenn der Preis über 2
Euro gewesen wäre.
Erst wollte ich alle Fotos bei SCHLECKER entwickeln lassen und sie
ihm schicken, dazu auch die Alben auf Vinyl, aber vermutlich ist er
eh gerade wieder beim Radrennen und macht Fotos für die nächsten
Speicherkartenkäufer.
Also löschen des Unfugs.
Und dann Interpreten aufspielen.
Und den unbekannten Interpreten nicht provozieren….immer schön
ganz unten in der Scrollleiste lassen…dort beißt er nicht und
respektiert meine Musikvorlieben.
Im Prinzip galt es nur herauszufinden, was der unbekannte Interpret
mit dem unbekannten Album gemein hat.
Sind sie verbandelt?
Ich überlegte, ob ich jemanden aus der Musikindustrie anrufen
sollte.
Und fragte mich, warum keine Punkband sich „Unbekannter Interpret“
nennt…oder „Unbekannte Interpreten“.
Und wann wird das „Unbekannte Album“ auf Platz 1 der Albencharts
hochschießen?
Die Musikindustrie hält sich bedeckt. Momentan ist man mit dem
„Unbekannten Ordner“ beschäftigt, worin sich hunderte illegale
unbekannte MP3-Files versammelt haben und meutern wollen, weil für
sie keine Ablöse gezahlt wurde.
Nächste Woche fotografiere ich hundertmal mein rechtes Nasenloch und
mache sechs Alben ohne Musik auf das Handy.
Um die Kapazität auf 1,2 Gigabyte zu begrenzen, gibt es noch 200
tiefschwarze und 200 hellweiße Wallpapers und Designs.
Dann geht die Speicherkarte über die Ebay-Ladentheke.
Und der unbekannte Interpret kann mich mal am Arsch lecken…
(Homepagetext /www.literatur-chemnitz.de/ von 07/2010)
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