Mittwoch, 15. September 2021

Begegnung im Tunnel

Meine einspurige Kawummkatakombe, die Bahnsteigunterführung, schluckte mich dieser Tage, als ich gerade wohlgelaunt unterwegs war und demokratieunverträgliche Sticker von Laternenpfählen, Bauzaunpfosten, Geländern und Handläufen jedweder Couleur entfernte.
Es war warm, der Schweiß malte dunkle Kreise unter die Achseln, das Basecap tropfte und vor mir stand plötzlich eine Rentnerin und studierte zwei Aufkleber an der Fliesenwand.
Einmal blau, einmal grün.
Mit Fernbrillenaugen beugte sie sich bis auf zehn Zentimeter an die Wand vor.
Dann wieder zurück und mit Schwung riss sie plötzlich einen der beiden Aufkleber von der Wand.
Den zweiten Aufkleber erledigte ich.
Gemeinsam ging sie mit mir ein Stück des Weges und klagte ihr Leid.
Dass sie am eigenen Leib gespürt habe, wie Ausländer alles kriegen und sie nicht.
Dass die AfD trotzdem scheiße sei und sie den Aufkleber deshalb abmachen musste.
Dass die Grünen auch scheiße sind, weil die Baerbock viel zu jung sei und keine Erfahrung habe.
Dass sie nicht wisse, wie es ohne Merkel weitergehen soll, denn sie habe immer auf dem Videotext gelesen, wie man sie im Ausland gemocht hat.
Dass weit und breit niemand sei, der…
Den Aufkleber vom III.Weg hat sie nicht verstanden.
Vielleicht war es auch nur ein Veranstaltungshinweis gewesen.

1 Kommentar:

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