Sonntag, 1. Oktober 2023

Vorklingeln

Ihr stellt euch jetzt bitte mal vor, ihr wärt Schüler in einer Schule und ich eine Klingel.
Die Klingel läutet für gewöhnlich den Unterricht ein.
Als ich in die Schule ging, war das zumindest so.
Heute gibt es das sogenannte Vorklingeln, wahrscheinlich, weil sich die Schüler von gewissen Tätigkeiten wie Rumhantieren mit dem Handy, Rumquatschen, Rumboxen und Rumlaufen nicht selbstständig lösen können, und der Unterricht nicht so Hals über Kopf in ihr Leben treten darf.
Neulich war ich in meiner ehemaligen Grundschule und bin im obersten Geschoß über den Gang getigert- immer misstrauisch beobachtet von einer runzligen Reinemachfrau.
Eine Klassenzimmertür am Ende des Ganges stand offen und ich ging hinein, wollte vielleicht alte Erinnerungen aufleben lassen.
Ein Mädchen lenkte meinen Blick und meine Aufmerksamkeit auf sich.
Ich fragte sie, warum sie allein im Zimmer ist, und sie antwortete mir, dass sie eine Klassenarbeit in Deutsch nachschreiben muss.
Schon in der ersten Zeile stand auf ihrem Blatt Schiggore statt Chicorée.
Ich ließ sie machen und warf mir später vor, dass ich ihr hätte helfen können, sollen, müssen.
Andererseits: Lerneffekt und Hilfestellung von Eltern und Lehrer wären dann ausgeschlossen.
Es sei denn, was ich nicht hoffen will, die Lehrerin hat den Fehler übersehen.
Übersehen ist das Stichwort für mein Vorklingeln.
Übersehen wurde leider mein Bemühen in den letzten Jahren mit diversen Einträgen in den Fächern Publikationen, Homepage, Facebook, Twitter und Co. für eine gewisse Kultur zu sorgen, was man im Optimalfall noch mit Beachtung honoriert bekommt.
Vielleicht habe ich aber auch nur zu leise vorgeklingelt.

(Fortsetzung folgt.)


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